Geschichten aus dem Alltag

 

Heute möchte ich euch endlich mal ein bisschen genauer über unsere Projekte und meinen Alltag hier berichten.

Wir haben jetzt angefangen, an zwei Schulen und einem Kindergarten zu unterrichten. Ja, richtig gehört, Kindergarten und unterrichten klingt zwar erstmal falsch für deutsche Ohren, hier werden aber tatsächlich schon in den Kindergärten Englischstunden gegeben, oder zumindest in dem, in dem wir sind. Die Kinder sollen damit auf die Schule vorbereitet werden. Wenn sie schon in der Grundschule gut im Englischen vorankommen, hilft ihnen das für die Secondary School, in der auf Englisch unterrichtet wird.

Dass allerdings drei- bis vierjährige stundenlang stillsitzen und das englische Alphabet nachsprechen mussten, war für uns Anfangs eine etwas ungewöhnliche Erfahrung. Andererseits konnten wir danach am eigenen Leib erfahren, wie schwierig es ist, eine Gruppe von 40-50 dreijährigen Kindern gemeinsam zu beschäftigen. Nach 10 Minuten „Gruppenspiele draußen“(dh. Im Kreis Lieder auf Englisch und Kisuaheli singen und Bewegungen dazu machen) lagen ca. 5 Kinder unerklärlicherweise weinend am Boden und der Rest hüpfte wild durcheinander. Mir gegenüber stand Nelli (meine Projektparnerin), mit zerzausten, von den Kindern zerrupften Haaren und 10 Kindern um sich herum, die alle auf ihren Arm wollten und sehr anders kann ich wohl auch nicht ausgesehen haben.

Trotzdem sind sie alle unglaublich süß und ich bin schon gespannt, wie wir das in den nächsten Wochen so hinkriegen.

Und unser restliches Programm sieht auch nochmal ganz anders aus. An einer Secondary School geben wir zum Beispiel Umwelt- und Kunstunterricht. Die erste Kunststunde war auf jeden Fall eine positive Erfahrung. Die Schüler sind 15-19 Jährig, hatten aber nicht wie wir seit der Grundschule Kunstunterricht und wir beschlossen, mit den Standarddingen zu beginnen: Namensschilder und Steckbriefe.

Trotzdem waren wir etwas skeptisch, als wir uns auf den Weg machten. Namensschilder mit 18-Jährigen? Würden die sich nicht totlachen?

Aber so war es überhaupt nicht, schon nach wenigen Minuten arbeiteten alle hochkonzentriert und vertieft an ihren Schildern.

Und zu dem Thema „Ich und meine Persönlichkeit“ haben sie seitdem außerdem noch eine Girlande aus den eigenen Körpern, bemalt und mit Stoffen beklebt, gebastelt und ihren Lebensweg mit Zielen, Wünschen und Träumen gemalt.

Trotz dieser sehr positiven Erfahrungen im Unterrichten habe ich auch gemerkt, was für eine anspruchsvolle Aufgabe wir da eigentlich so mir nichts dir nichts ohne Ausbildung oder spezifische Vorbereitung mit dem Freiwilligendienst übertragen bekommen haben.

Abgesehen davon, dass wir durch den Kontakt mit Jugendlichen hier und allein dadurch, dass wir zusammen Spaß haben und ein paar unserer Ideen umsetzen, einen Austausch schaffen, der ja auch Ziel des ganzen Programms ist, fühlt es sich manchmal schon etwas komisch an, dass man jetzt eine Englisch-AG an einer Grundschule macht, an der es auch ausgebildete Englischlehrer gibt. Und eines Tages wird vielleicht auch doch der Moment kommen, in dem uns die Ideen für den Unterricht, den wir vollkommen frei gestalten können, ausgehen.

 

Ansonsten bin ich auch immer noch dabei, die Tansanier und das Leben hier immer mehr zu erkunden und kennen zu lernen.

Seit letztem Samstag sind Carlotta und ich stolze Mitglieder des katholischen Kirchenchors, es ist zwar echt noch eine Herausforderung, die Texte auf Kisuaheli mitzusingen und gleichzeitig kleine Tanzschritte auf die Reihe zu bekommen, die in der Kirche dazu ausgeführt werden, macht aber auch total Spaß.

Außerdem ist die beste Methode, mit Leuten in kurze Smalltalk Gespräche zu kommen, immer noch, draußen herumzulaufen.

Ein Unterschied zu Deutschland, der mir hier auffällt, ist die Offenheit und Hilfsbereitschaft der Menschen auf der Straße. Dazu eine kleine Anekdote von einem unserer Spielnachmittage an der Kiumako-Schule.

Wie immer hatten wir allerlei Sportgerätschaften dabei, darunter Federballschläger und -bälle, zwei andere als das letzte Mal, denn die waren prompt beim ersten Mal Mitbringen abhanden gekommen.

Leider sollte dieses Schicksal auch einen der neuen Bälle ereilen, prompt flog er auf eine der die Schule eingrenzenden Hecken und war nicht mehr zu sehen.

Um die Schule herum führen ausgetretene Pfade, die jedermann nutzen kann, und auf einen dieser Pfade stellten wir uns, um den kleinen neongelben Ball vielleicht doch noch von außen wiederzufinden.

Es dauerte nicht lange, da kam eine Mama daher, lustig schunkelnd und mit einer Staude grüner Bananen auf dem Kopf. Als sie sah, wie wir da in der Hecke herum stocherten, guckte sie ein wenig neugierig und fragte, was wir denn suchen, um dann schwungvoll ihre Bananen abzulegen und uns zur Hilfe zu eilen. Die konnte zuheben, da wackelte die ganze Hecke, als sie mit einem abgebrochenen Stock darauf einschlug, um den Ball herunter zu schütteln. Leider half es wenig, da wir nichtmal genau wussten, an welcher Stelle er sich befand.

Doch bald darauf sollten sich uns zwei neue Helfer anschließen. Es waren anzugbekleidete Männer, die von der Beerdigung kam, die an diesem Tag in der Dorfkirche stattgefunden hatte.

Als sie von unserem Problem hörten, drückte einer dem anderen entschlossen seine Bibel in die Hand, um zu versuchen, auf die Hecke zu spähen und einen Blick auf den Ball zu erhaschen.

In Deutschland hätte man es für einen lustigen Anblick gehalten: Ein paar Kinder, eine ältere Frau und zwei Männer im Anzug, die gemeinsam versuchen, einen Ball aus einer Hecke zu fischen.

Allmählich glaube ich, dass das hier ganz normal ist, man hat hier genug Zeit, um kurz stehen zu bleiben und behilflich zu sein und es ist eine willkommene Abwechslung im Alltag, mit den verschiedensten menschen in Kontakt zu kommen, zum Beispiel indem man gemeinsam einen Federball rettet. Das dumme Ding blieb letztendlich unauffindbar kann ich euch sagen, aber ich bin ihm trotzdem dankbar, weil es zu diesem lustigen Ereignis führte.

Und die Hecke sieht von dem Nachmittag an ein wenig zerzaust und verstrubbelt aus.

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